In Wahrheit ein Paradox?



17. Oktober 2008:

In Wahrheit ein Paradox?


Was geschieht wirklich, wenn ein innerstädtisches Einkaufscenter
gebaut wird? Die Hoffnung ist oftmals groß, dass eine solch neue Einkaufs-Mall auch das alte Zentrum stärkt. Die Projektentwickler werben damit, dass die Anziehungskraft der Stadt insgesamt steigt. Doch das sind eben Meinungen, Thesen, Argumente... über die man sich streiten kann.

Wissenschaftliche Studien brauchen ihre Zeit. Doch jetzt endlich, seit Juli 2008, liegen der Öffentlichkeit zu diesen bislang ungestützten Thesen erstmals fundierte Forschungsergebnisse vor, die auf breiter empirischer Basis erhoben wurden. Das Deutsche Institut für Urbanistik Berlin untersuchte zusammen mit Dipl.-Ing. Rolf Junker (Büro Junker und Kruse) und Dr. Holger Pump-Uhlmann die Auswirkungen von Einkaufszentren auf deutsche Innenstädte. Unter anderem im Auftrag des Ministeriums für Bauen und Verkehr NRW, Kaufhof, Karstadt sowie der Städte Bremen, Mannheim und Potsdam wurden in einer klassischen Vorher-Nachher-Untersuchung zwölf Städte analysiert.

Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes „Wirkungsanalyse großer innerstädtischer Einkaufscenter“ standen insbesondere die Fragen:


Welche Wirkungen gehen von großen Einkaufscentern auf den innerstädtischen Einzelhandel aus?
Wie fügen sich diese Handelsimmobilien in die gewachsenen Stadtstrukturen ein?
Welche Entwicklungen sind in Innenstädten ohne große Einkaufscenter zu beobachten?

Können die Thesen der Projektentwickler großflächiger Einkaufszentren gestützt werden, dass deren Ansiedlung unweigerlich zu gesteigerten Kaufkraftzuflüssen, einer Erhöhung der Zentralität und zur Zunahme städtischer Anziehungskraft führen? In den Städten Bocholt, Düren, Erfurt, Hagen, Kempten (Allgäu), Osnabrück, Regensburg, Schwedt/Oder, Schwerin, Siegen, Wetzlar und Wilhelmshaven weist vieles darauf hin, dass die gewünschten Wirkungen nicht immer eingetreten sind. Vielmehr können Größe, Standort, Art des Branchenmix und die Architektur der „Neuen“ die Strukturen alter Innenstädte in für sie beträchtlich schädlicher Weise verändern. Als Städte ohne großflächige Einkaufscenter waren Bremen, Mannheim, Minden und Potsdam mit ihren Innenstädten ebenfalls in das Projekt einbezogen, um somit auch „centerlose Entwicklungen“ vergleichend nachzeichnen zu können.

forumist es nach wie vor wichtig, in der Frage nach der Ansiedlung eines großen Einkaufscenters über ein solides Fundament an Erkenntnissen zu den Auswirkungen derartiger Verkaufsanlagen zu verfügen.
Die jetzt vorliegende Studie kann eine sachliche Diskussion über unterschiedliche Handlungsempfehlungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauern. Sie bietet Kommunen Rückendeckung im Dialog mit Entwicklern von Einkaufscentern.

Am Mittwoch, den 22. Oktober 2008, um 20.00 Uhr gibt es daher in der Markthalle Reutlingen den Vortrag „Forschung am Puls der Zeit“. Der Eintritt ist frei.

Für unseren 2. Veranstaltungsabend in der Reihe „Lebendige Innenstadt?“ ist es uns gelungen, aus dem Forschungsteam „Wirkungsanalyse großer innerstädtischer Einkaufscenter“ Rolf Junker als Referenten zu gewinnen. Er ist auch Mitherausgeber des Buches „Angriff auf die City“ und eröffnete bereits im Sommer 2007 unsere Veranstaltungsreihe „Lebendige Innenstadt?“.
Er wird aus erster Hand berichten, welche Erkenntnisse die Studie gewonnen hat.

Ist es am Ende ein Paradox, die Zentralität zu erhöhen und gleichzeitig die Innenstadt erhalten zu wollen?



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